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Älteste Talbewohnerin

Die hochschwangere Mutter geriet bei der Feldarbeit unter den Schlitten, vier Wochen später verblutete sie bei der Geburt – kein Arzt weit und breit! So ging das 10. Kind mit der Mutter ins Grab. „Da standen wir - neun Kinder und der Vater - ganz allein mit uns!“, erzählt die rüstige Walserin. Ihr jüngstes Geschwisterchen war gerade 2 Jahre alt. Sie selbst lernte mit ihren 11 Jahren daher schon früh den Ernst des Lebens kennen, da sie als zweitältestes Kind die Rolle der Mutter in der jungen Familie weitgehend zu tragen hatte. Das bedeutete auch für sie die Übernahme aller Aufgaben und Arbeiten auf dem Bergbauernhof. Doch der Geschwisterkreis entwickelte ein enges Zusammengehörigkeitsgefühl, stets gepaart von lebendigem, guten Humor. Später arbeitete sie als Zimmermädchen im Hotel „Zürserhof“ und in der „Krone“ in Lech, wo sie ihren Gatten Franz Brutscher aus Hüttenberg im Allgäu kennenlernte. Die Ehe wurde 1938 in Lech geschlossen, aber bald darauf zog das Paar nach Mittelberg. Sechs Jahre während des Krieges musste sie ohne ihren Mann verbringen, abgesehen von kurzen Fronturlauben. Ihre beiden Töchter Helga und Gerda kamen 1939 und 1943 zur Welt. Das erworbene Haus in der Bödmerstraße 25 wurde zu einem Gäste - und Eigenheim umgebaut. Ihr Gatte arbeitete als Zimmermann im Tal und war als Könner seines Faches unter dem Namen „Läng Franz“ bekannt.

Nicht nur ihre Gäste umsorgte Frau Brutscher mit ihrer freundlichen Art, sondern auch für die Blumen hatte sie eine besondere Hand. In ihrer Freizeit strickte sie leidenschaftlich gerne. Gerne unternahm sie Reisen in ganz Europa und wagte auch den Sprung nach Amerika, wo sie ihrer Nichte einen mehrwöchigen Besuch abstattete. Das Jubelfest der „Goldenen Hochzeit“ konnte sie in Freude und Dankbarkeit im Jahre 1988 in Mittelberg feiern, leider starb ihr Gatte 2 Jahre später.


Frau Brutscher versorgte sich selbstständig in ihrem Haus bis zu ihrem Schlaganfall vor 7 Jahren. Seither wohnt sie im Sozialzentrum Riezlern und ist an den Rollstuhl gebunden. Die Jubilarin erfreut sich aber einer erstaunlichen geistigen Frische und das bis auf den heutigen Tag. Ihr Augenlicht hat wohl etwas nachgelassen, jedoch hört sie jeden Tag aufmerksam Radio und ist über Neues bestens informiert.

Die Jubilarin ist ein ausgesprochener Familienmensch und fühlt sich im Kreis ihrer 3 Enkel und 5 Urenkel am wohlsten. Von ihren acht Geschwistern leben noch drei, alle bei guter Gesundheit. Ihre Schwester Veronika Nenning (96) und ihr Bruder Bernhard Wolf (94) sind die ältesten Bürger von Lech, ihre Schwester Gottharda (92) verbringt ihren Lebensabend im Kloster in Hall.


Frau Berta Brutscher ist mit ihren 100 Jahren die älteste Walserin des Tales. Das gab es bisher noch nie. Die alte Frau zeigt Lebensmut und wenn sie erzählt, tritt Bescheidenheit genauso wie Selbstbewusstsein zutage. Sie blickt auf ein erfülltes Leben zurück und nie hat sie ihren Frohsinn verloren.